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Feldjägerstory - von einem unbekannten Autor.





Frischlinge" in einer Einheit haben es nirgendwo leicht, also war (und ist) gerade das erste Jahr als junger Unteroffizier auf einem Feldjägerdienstkommando noch nie der "Sahnejob" gewesen.



Ort:
Eine norddeutsche Millionenstadt, zweitgrößter Bundeswehrstandort.

Zeit:
November, irgendwann in grauer Vorzeit, 2100 Uhr.

Straßenzustand:
Außentemperaturen um 0°C, leichter Nieselregen

Ereignis:
Auslösung "Active Edge", also NATO-Alarm

Lage:
Die 3 Panzergrenadierbrigaden der Stadt mit damals tatsächlich noch 15 Kampfbatallionen rödeln auf und warten auf den Befehl in die Vergnügungsräume zu verlegen (oder auch nicht).

Maßnahmen:
Teile des FJgDstKdos begeben sich zu den Brigaden, um im Falle der Verlegung mit Verkehrsdienst zu unterstützen. Dabei 6 junge Unteroffiziere (einer davon ich), selbstverständlich eingesetzt als hochmobile Kradfahrer auf 125er Herkules und 250er BMW.
Befohlener Anzug: Leder-Kradkombi? Weit gefehlt, doch nicht die guten Eskorteanzüge für den Krieg! Also: Lange Unterwäsche, Feldanzug (Sportjacke drunter, Pullover gab’s damals nicht), Parka, darüber Feldjägerweste, darüber weißes Koppelzeug für P1, darüber umgehängt MP Uzi, weiße Stulpenhandschuhe (selbstverständlich ungefüttertes Leder) und Helm.

Weitere Entwicklung:
Ankunft in der Kaserne der Brigade, Zuweisung von Aufenthaltsräumen, um die weitere Entwicklung abzuwarten, geheizter Raum, Kaffeemaschine, also ausziehen: Handschuhe.... Uzi.... Weißzeug.... Weste.... Parka... Feldjacke... Sportjacke.... ups, Hauptfeldwebel kommt vom Brigadestab, folgender Auftrag: Kradfahrer erkunden die Strecke bis zum Stadtrand auf Baustellen und Fußgängerampeln. Also wieder anziehen: Sportjacke.... Feldjacke....

Gute Stunde später: Auftrag ausgeführt. Nach Meldung der Erkundungsergebnisse ("Herr Hauptfeldwebel, wird glatt das Ganze da draußen" – "Können Sie ja von Glück reden, dass Sie so viel Profil auf Ihren Geländereifen haben!") Ankunft in den Aufenthaltsräumen, durchgefroren, glücklicherweise ist noch Kaffee da. Nach einem Schluck Kaffee wird’s richtig warm, also ausziehen: Handschuhe aus.... Uzi ab.... Weißzeug..... bis hin zur Sportjacke, genau rechtzeitig um zu hören: "Es geht raus!" Also: Sportjacke an.... Feldjacke...

Draußen, überschlagender Einsatz: Ran an die Kreuzung... runter vom Krad... Motor laufen lassen... rauf auf die Kreuzung... Kelle hoch... Verkehr anhalten... Marschgruppe durchwinken... Vibration genießen.... ah, der Bergeleo, also los, runter von der Kreuzung und rauf aufs Moped, der Marschgruppe hinterher und das Ganze überholen, bis zum nächsten Einsatzpunkt.

Die Stadt liegt hinter uns, die Strassen werden schmaler, nach einem letzten Abbiegen nach links ist die Strasse schmaler als die Kettenspur, jetzt fängt das Überholen erst richtig an Spaß zu machen. Jedes Mal hoffen, dass Dich der Fahrer gesehen hat, sein Schlenker nach rechts nicht nur ein nervöses Zucken ist, arschkalt isses... aber ich hab Glück, hab das Panzerbatallion, die alten M48 haben einen schönen großen Rost, aus dem dir heiße Luft entgegen geblasen wird. Allerdings nicht nur das, ein bisschen Öl und hin und wieder ein paar Funken sind auch dabei.

Es ist inzwischen etwa 0200 Uhr. Ich hol auf einen Kameraden auf, der sich gerade eineinhalb Meter hinter einem M48er-Rost wärmt, halte mich neben ihm, kuck ihn an, seine Weste schon total eingesaut von Ölspritzern, er grinst und brüllt irgendwas, als ein Funken in seiner Weste einschlägt, dort weiterglimmt wie eine nichtausgedrückte Zigarettenkippe in einem übervollen Aschenbecher, er grinst immer noch und brüllt wieder irgendwas, ich zeig auf seine Brust und brülle: "Du kokelst!"
Er grinst noch ein letztes Mal, bis er merkt, was los ist, will die Glut mit der flachen Hand ausschlagen, die Funken sprühen. Wir kommen auf eine Linkskurve zu, geradeaus geht’s auf einen Hof, er fährt geradeaus, ich hinterher. Mitten auf dem Hof ein Misthaufen, davor eine Jauchegrube, egal, er bremst, stürzt vom Krad auf die Jauche zu, beugt sich darüber, löscht mit der Jauche die Glut, verliert dabei das Gleichgewicht und sinkt vornüber in die Grube, glücklicherweise muss ich nicht hinterher springen, um ihn zu retten, die Grube ist flach und er kann sich mit den Händen noch abstützen, ist gerade bis zu denn Oberarmen ins Löschmittel eingetaucht.

Als ich ihm raushelfe (ganz vorsichtig und wohlüberlegt, wo ich ihn anfasse) guckt er mich an und sagt nur noch: "Ein beschissener Job!"



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